5. FASTENSONNTAG              

Das Osterfest steht vor der Tür. Von überallher kommen Menschen nach Jerusalem: Es ist die jährliche Wallfahrt zu Ostern. Auch einige „Griechen“ sind da, d.h. Nicht-Juden, die sich für den jüdischen Glauben interessieren, aber sich noch nicht ganz entschieden haben. Anscheinend haben sie auch von Jesus gehört und wollen ihn kennen lernen. Sie werden zu Jesus geführt und da erzählt Jesus ihnen einiges Überraschendes von sich.

Er redet über sein Schicksal, das sich bald vollziehen wird. Er weiß, was auf ihn zukommt. Er hat sogar Angst: „Ich habe jetzt große Angst... Was soll ich tun? Was soll ich tun? Soll ich sagen: Vater, bewahre mich vor dem, was bald auf mich zukommt?“ Er weiß ganz genau: Alles, was er bis jetzt gesagt und getan hat war gefährlich. Es bringt ihn in Konflikt mit der religiösen Obrigkeit, besonders in Jerusalem. Er redet von Gott anders als sie. Er stellt bestimmte religiöse Vorstellungen von ihnen in Frage.

Jesus sieht es als seine Lebensaufgabe, Menschen zu Gott zu führen. Er betet zu Gott: „Lass die Menschen dich als Vater erkennen und ehren!“ Gott ist nicht ein Gesetzgeber, der streng darauf achtet, dass die Menschen peinlich genau unzählbare Vorschriften erfüllen. Gott ist wie ein liebender Vater, der Menschen bedingungslos annimmt.

Jesus will unbedingt seine Lebensaufgabe erfüllen, auch wenn es für ihn gefährlich wird. Er hätte Jerusalem verlassen und flüchten können, aber dann wäre er unglaubwürdig geworden. Er ist bereit bis zum Äußersten zu gehen, bis zum qualvollen Tod.

Dem Evangelisten Johannes, der diese ganze Szene erzählt, ist das klar und deswegen greift er nach einem Bild, das Jesus höchstwahrscheinlich selbst einmal verwendet hat: Die Bildrede vom Weizenkorn, das in die Erde gelegt werden muss, begraben wird, damit es reiche Frucht bringen kann. Eine Erfahrung aus der Natur, ein Wunder über das man nur staunen kann. Und das hilft uns die wahre Bedeutung von Jesus für uns zu verstehen.

Jesus muss seine Aufgabe erfüllen, auch wenn es ihn das Leben kostet. Wie das Beispiel vom Weizenkorn einen scheinbaren Widerspruch beinhaltet - es muss sterben, zerstört werden, damit es Frucht bringen kann - so ist es mit Jesus. Er muss durch Leiden und Tod hindurch. Und dann zeigt Gott, dass er wirklich so ist, wie Jesus es erzählt hat, dass Gott das letzte Wort hat, sogar Macht über den Tod.

Jesus wird von Gott eine neue Existenz bekommen. Das meinen wir mit der Redewendung „Gott hat Jesus auferweckt“. Gott lässt Jesus nicht im Stich. Er bestätigt, dass er auf der Seite von Jesus und nicht auf der seiner Gegner steht, auch wenn das die religiöse Obrigkeit ist. Gott bestätigt, dass alles, was Jesus behauptet hat, wahr ist.

Gott hat Jesus „rehabilitiert“. Das Leben, das Leiden und der Tod von Jesus ist nicht sinnlos, sondern bringt reiche Frucht, ruft eine neue Bewegung ins Leben, die bis heute fortdauert und zu der auch wir, als Christen, gehören.

Ich werde erhöht werden, ich werde alle an mich ziehen“, sagt Jesus. Ich werde alle, die an mich glauben, mitnehmen auf meinem Weg zu Gott. Bedingungslose Hingabe an Gott, auch wenn das Nachteile und Gefahren mit sich bringt (auch wenn ich Angst habe, mein Leben so zu „verlieren“), nur das führt zum Ziel. Das ist die Lebenshaltung, zu der Jesus uns aufruft.

Das Schicksal eines Weizenkorns, ein Beispiel aus dem Naturgesetz, hilft uns, Jesus, und seine Bedeutung zu verstehen. „Ihr wollt mich kennenlernen?“, fragt Jesus diese griechisch sprechenden Männer. Dann sollt ihr erkennen: Das ist die wahre Bedeutung meiner Person und meines Lebens für euch.

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